School must go on

School must go on

Digitalisierung in Schulen

„Prüfungen und Noten beenden Lernprozesse“ – Über die Prüfungs- & Bewertungskultur im Schulsystem mit Philippe Wampfler

Audio herunterladen: MP3 | AAC | OGG | OPUS

Philippe Wampfler ist Lehrer und Dozent in der Schweiz und hat als Autor schon diverse Bücher zum Thema Bildung geschrieben. Sein Interesse und Engagement im Bereich Schule ist vielseitig. Aktuell engagiert sich Philippe Wampfler am Institut für zeitgemäße Prüfungskultur.
Im Podcast „School must go on“ spricht er über die Problematik von Prüfungen und Noten, die begrenzte Prognosefähigkeit der Schulen und darüber, wie Feedback die Kompetenzentwicklung unterstützen könnte.

– Das Problem hinter Prüfungen & Noten –

„Ich habe lange gedacht, dass Digitalisierung der Hebel ist, mit dem sich Schulen verändern ließen“, erklärt der Deutschlehrer. Er habe jedoch festgestellt, dass andere Dinge eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung von Bildung spielen. „Prüfungen und Noten beenden Lernprozesse. Schüler/-innen hören auf zu lernen und das, was sie eigentlich interessiert, interessant zu finden. Stattdessen fokussieren sie sich auf das, was geprüft wird“, sagt Philippe Wampfler. So sehe man beispielsweise im Vorschulalter, dass Lernen etwas Lustvolles sei. Das sollte nicht aufhören. Außerdem seien Prüfungen und die damit einhergehenden Benotungen in jedem Fach willkürlich: „Das was so objektiv, so sachlich daher kommt, ist zutiefst unfair, verzerrt und problematisch!“

– Die Prognosefähigkeiten der Schulen sind beschränkt –

Das Problematische an dem derzeitigen Bewertungssystem sei, dass eine andere Person einem sage, wie gut man etwas gemacht hat, anstatt auf das eigene Gefühl zu der Aufgabe zu hören. „Man entmündigt die Lernenden. Sie müssen in der Lage sein, sofort ihr Lernen reflektieren zu können. Stattdessen nimmt man ihnen diese Autonomie und gibt sie jemand anderem“, kritisiert der Schweizer.
Außerdem sei problematisch, dass bei schlechten Leistungen automatisch die Prognose gestellt werde, dass einer Person das entsprechende Fach nicht liegt. Dabei gäbe es hier keinen Zusammenhang zwischen Leistung und Interesse. „Es hilft niemandem, gesagt zu bekommen ‚Das liegt dir nicht‘, wenn es einen doch interessiert“, so Philippe Wampfler. „Die Prognosefähigkeiten von Schulen, abhängig von den Fächern und dem Unterricht, sind sehr beschränkt.“ Besser sei es, mit den Schüler/-innen Wege zu finden, wie sie sich weiter für die Fächer interessieren und wie sie vorankommen können, ohne die Kränkung und ohne den Vergleich durch die Benotung.

– Feedback statt Bewertung –

Wenn man über eine Alternative zum aktuellen Prüfungs- und Bewertungssystem nachdenkt, müsse Feedback im Vordergrund stehen. „Leistungsmessungen dienen dazu, Hinweise zu geben, wie ein/-e Schüler/-in sich verbessern und Ziele erfüllen kann. Es geht nicht darum, dass man bewertet wird, sondern Hinweise bekommt, wie man sich verbessern kann“, erklärt Philippe Wampfler. In solchen Feedbacks gehe es darum, Selbst- und Fremdwahrnehmung in einen Bezug zu setzen. Subjektivität sei dabei also kein Problem, da von Beginn an deutlich sei, dass Wahrnehmungen geschildert werden. „Prüfungen, wie sie derzeit stattfinden, lassen Schüler/-innen im Stich in Bezug auf dieses Entwickeln von Kompetenzen und Geben von Hinweisen. Sie sagen einem: ‚Du kannst das nicht, hast ne 5 bekommen, aber hier ist der nächste Inhalt‘“, so der Deutschlehrer. Man müsse das kompetenzorientierte Lernen stärken, anstatt sich ausschließlich auf das Vermitteln von Inhalten zu versteifen. Dies könne man mit solchen Feedbacks und Gesprächen als Ersatz für die Zensurbewertungen ermöglichen.
Außerdem müsse der Fokus auf dem Herstellen von Lernprodukten liegen. „Ich kann auch zeigen, was ich gelernt habe, indem ich überlege ‚Was könnte ich mit dem machen, was ich gelernt habe‘“, erklärt der Buchautor. In der Schule der Zukunft gehe es darum, viele Lernprodukte herzustellen, anstatt viele Prüfungen zu schreiben.

Außerdem spricht Philippe Wampfler über Lehrpläne, Digitalisierung an Schulen in Zeiten der Digitalität und Unterschiede zwischen dem Schweizer und dem Deutschen Schulsystem.


Kommentare


Neuer Kommentar

Durch das Abschicken des Formulars stimmst du zu, dass der Wert unter "Name oder Pseudonym" gespeichert wird und öffentlich angezeigt werden kann. Wir speichern keine IP-Adressen oder andere personenbezogene Daten. Die Nutzung deines echten Namens ist freiwillig.

Über diesen Podcast

Der Podcast „School must go on“ entstand während der Schulschließungen im Frühjahr 2020. Für Bildungsunternehmer Stephan Bayer (sofatutor.com) und Podcaster Philipp Glöckler war klar, dass das Lernen immer weitergeht – auch wenn es zunächst unvorstellbar schien.

Mit spannenden Denkanstößen und gelungenen Praxisbeispielen macht Stephan Bayer den Schulen Mut, sich nachhaltig und sinnstiftend weiterzuentwickeln. Er tauscht sich dazu jede Woche mit Lehrkräften, Bildungsexpert*innen und Familien über Themen wie Krisenmanagement, digitale Bildung oder neue Lernkonzepte aus. Seine Gäste zeigen, dass neue Bildung unkompliziert gelingen kann, wenn man mit Herz und Verstand zur Tat schreitet.

Für Ideen & Anmerkungen:

podcast@sofatutor.com

Für mehr Infos:

LinkedIn: https://www.linkedin.com/in/bayerstephan/

Twitter: https://twitter.com/stephan_bayer_

Web: https://www.sofatutor.com/

von und mit Stephan Bayer

Abonnieren

Follow us