„Bildung kann Freude machen“ – Über begegnungsorientierte Pädagogik mit Uli Marienfeld
Uli Marienfeld ist seit 36 Jahren „Pädagoge aus Leidenschaft“ und derzeit stellvertretender Schulleiter an der evangelischen Schule Berlin Zentrum (ESBZ). In seinem 2020 veröffentlichten Buch „Offene Türen“ schreibt er darüber, wie eine begegnungsorientierte Pädagogik an Schulen umgesetzt werden kann. Im Podcast „School must go on“ spricht Uli Marienfeld über den Unterricht an der ESBZ, wie Schule und Schüler/-innen von neu gewonnener Lebenserfahrung profitieren und was er mit seinem Buch bewirken möchte.
– Lernen an der ESBZ –
An der ESBZ findet jahrgangsübergreifender Unterricht der Klassenstufen sieben bis neun statt. „Die Annahme im deutschen Bildungssystem, dass alle 14-Jährigen in allen Fächern gleich weit sind, ist Unsinn“, erklärt der Pädagoge. Kinder seien unterschiedlich begabt, entwickeln sich unterschiedlich und haben unterschiedliche Interessen. „Durch den jahrgangsübergreifenden Unterricht kommen wir gar nicht auf die Idee Durchschnittsunterricht für den/die Durchschnittsschüler/-in zu machen, weil wir immer wieder die bereichernde Erfahrung machen, wie toll es ist, auf der einen Seite Schüler/-innen zu fördern, die besonders begabt sind, und auf der anderen Seite Schüler/-innen mitzunehmen, die in einzelnen Fächern Defizite haben“, berichtet Uli Marienfeld. Außerdem seien dadurch alle gewohnt, sich gegenseitig zu unterstützen. Ulis pädagogisches Credo: „Schule kann etwas Schönes sein und Bildung kann Freude machen!“ Und das versuche er, stets bei seiner Arbeit an der ESBZ zu berücksichtigen.
– Jedes Schuljahr eine neue Herausforderung –
Ab der achten Klasse beginnen die Schüler/-innen der ESBZ jedes Schuljahr mit einem selbstgewählten Projekt, der sogenannten Herausforderung. „Jede/-r reicht vor den Sommerferien ein Projekt ein, dem er/sie sich in den ersten drei Wochen des neuen Schuljahres widmen will“, erklärt Uli Marienfeld. So habe es beispielsweise schon Kanutouren durch die mecklenburgische Seenplatte als Herausforderungen gegeben. Es wurden Strände an der Ostsee aufgeräumt oder auf einem Biobauernhof geholfen. „Die Schüler/-innen kommen nach diesen drei Wochen mit einer unfassbaren Lebenserfahrung zurück“, schwärmt der Schulleiter. „Schule ist dadurch plötzlich ein Lebensraum, der mit ihrem Leben etwas zu tun hat und nicht nur aus Büchern kommt.“
– Über das Buch „Offene Türen“ –
Mit seinem Buch „Offene Türen“ habe Uli Marienfeld sich bemüht, aufzuschreiben, was er erleben konnte. Ein wichtiger Hinweis, den er dabei immer wieder betone, sei: „Versucht nicht, das zu kopieren, sondern habt Mut, euer Ding zu machen und seht, dass es eigentlich überall offene Türen gibt. Schule ist so viel freudvoller, wenn ihr selber diese Türen seht und versteht, dass Schule auch ein Ort sein kann, an dem ihr anderen Türen öffnet“, so der Autor. Als Schulleiter müsse man beispielsweise nicht alles selber machen, sondern könne das Potenzial der Lehrer/-innen und Schüler/-innen erkennen und ausschöpfen. „Ich hoffe, dass mein Buch einen Beitrag dazu leistet, dass Menschen sich einfach auf den Weg machen und nicht warten, bis die perfekte Revolution da ist.“
Außerdem spricht Uli Marienfeld über Perfektionismus bei der Weiterentwicklung von Schule, seine Vision von Schule in Deutschland, Schule nach Corona und die Gründung neuer Schulen.
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